BAG (Urteil vom 09.06.2011): Grundsätze zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses


Eine Kündigung aus wichtigem Grund kann insbesondere dann berechtigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Hauptleistungspflichten und/oder vertragliche Nebenpflichten erheblich verletzt hat. Liegt eine solche Pflichtverletzung vor, ist nach § 626 Abs. 1 BGB weiter zu prüfen, ob nicht eine ordentliche Kündigung genügt hätte, um künftige Vertragsstörungen seitens des Arbeitnehmers zu vermeiden. Dazu ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist abzuwägen. Es hat eine Bewertung des konkreten Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig

– das Gewicht und die Auswirkung einer Vertragspflichtverletzung – etwa im Hinblick auf das Maß eines durch  sie bewirkten Vertrauensverlustes und ihre wirtschaftlichen Folgen -,

– der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers,

– eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie

– die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf.

Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn dem Arbeitgeber angesichts der Gesamtumstände sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam, wenn schon eine ordentliche Kündigung geeignet war, das Risiko künftiger Störungen zu vermeiden.

Einer Abmahnung bedarf es nicht, wenn erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft nicht zu erwarten steht oder es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt.

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