EuGH (Urteil vom 22.11.2011): Übertragung bezahlten Jahresurlaubs


Grundsätzlich gilt der Grundsatz, dass Urlaub nicht erlischt, wenn er krankheitsbedingt nicht genommen werden konnte. Der Europäische Gerichtshof hat jetzt allerdings entschieden, dass dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt bzw. ausnahmslos gilt. Ein uneingeschränktes bzw. unbegrenztes Ansammeln von Jahresurlaub würde nämlich nicht dem Urlaubszweck der Erholung und Verfügung über einen Zeitraum der Freizeit und Entspannung entsprechen. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs darf auch wenn der Urlaub seine Bedeutung nicht verliert, wenn er später genommen wird, doch eine gewisse zeitliche Grenze nicht überschritten werden. Diese soll nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs bei 15 Monaten liegen, nach deren Überschreitung der Urlaub keine positive Einwirkung  auf Erholungszeit mehr habe. In Anbetracht des Zwecks des jedem Arbeitnehmer unmittelbar gewehrten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub kann in Folge dessen ein während mehrerer Jahre in Folge arbeitsunfähiger Arbeitnehmer, der seinen bezahlten Jahresurlaub nicht während dieses Zeitraums nehmen kann, nicht berechtigt sein, in diesem Zeitraum erworbene Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub unbegrenzt anzusammeln. Um diesem Anspruch, mit dem der Schutz des Arbeitnehmers bezweckt wird, gerecht zu werden, muss daher jeder Übertragungszeitraum den spezifischen Umständen Rechnung tragen, in denen sich ein Arbeitnehmer befindet, der während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähig ist. Dieser Zeitraum muss daher für den Arbeitnehmer insbesondere die Möglichkeit gewährleisten, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfristig gestaffelt und geplant werden, sowie verfügbar sein können. Ein Übertragungszeitraum muss die Dauer des Bezugszeitraums, für den er gewährt wird, deutlich überschreiten. Zudem muss der Übertragungszeitraum den Arbeitgeber vor der Gefahr der Ansammlung von zu langen Abwesenheitszeiten und den Schwierigkeiten schützen, die sich daraus für die Arbeitsorganisation ergeben können. Unter Berücksichtigung  der vorstehenden Erwägungen kann vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass ein Zeitraum von 15 Monaten, in dem die Übertragung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub möglich ist, dem Zweck des Anspruchs nicht zuwider läuft, da er dessen positive Wirkung für den Arbeitnehmer als Erholungszeit gewährleistet.

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